Faktencheck
Rödinghausen, GIB 02 und 03
Laut Anhang C zum Umweltbericht besitzt GIB 06 (= Fachbeitrag GIB 03 Gewerbegebiet Bruchstraße-Erweiterung) eine Größe von ca. 11,6 ha. Nach Reduzierungsvorschlag der Gemeinde immer noch eine Größe von 5,1ha.
Rödinghausen, GIB 01, 04 und 05
Alleine die Fläche GIB 04 besitzt lt. Anhang C zum Umweltbericht eine Größe von ca. 37,9 ha – nach Abzug der im Landschaftsschutzgebiet liegenden Fläche aber immer noch eine Fläche von ca. 29,2 ha (gemäß Stellungnahme Gemeinde)
Siedlungsflaechen_RP_Entwurf_zu_RP_BestandAbbildungen aus „Neuaufstellung des Regionalplans OWL“, Ausschuss für Gemeindeentwicklung, Liegenschaften und Infrastruktur, 1. Sitzung vom 26.01.2021
Bis zum Jahr 2040 hat die Bezirksregierung einen Bedarf der Gemeinde Rödinghausen bezogen auf neue Wohnbauflächen (ASB) von 7 ha und bei den Gewerbeflächen (GIB) von 22 ha ermittelt. Die Standort- und Mengensteuerung wurde bei der Aufstellung des Erarbeitungsentwurfs entkoppelt, so dass eine Priorisierung der Flächen nicht mehr erforderlich ist. Dadurch erhalten die Kommunen deutlich mehr Flexibilität bei der Siedlungsflächenentwicklung. Für Rödinghausen bedeutet dies, „dass bis zum Jahr 2040 aus der zur Verfügung stehenden ASB-Flächenkulisse in der zeichnerischen Festlegung zusätzliche 7 ha Wohnbauflächen und 22 ha Gewerbeflächen für die gemeindliche Bauleitplanung in Anspruch genommen werden können. Die Flächenkulisse schafft Möglichkeiten zur Umsetzung des Bedarfs, sie stellt einen Rahmen dar, den die Gemeinde durch die Bauleitplanung steuern und mit Leben füllen muss.“ (Mitteilungsvorlage Nr. 35/2020-2025 vom 15.01.2021, Ratsinfomanagement)
Womöglich entstand aus letztem Absatz die „Landkarte der Möglichkeiten“, mit der die Gemeinde den enormen angemeldeten Bedarf der Gewerbetreibenden zu schönen versucht?
Warum regen wir uns so auf?
Fakt ist, wenn die gesamten angemeldeten 77 ha als „Flächenbedarf der Wirtschaft“ und damit auch als Möglichkeit der Flächenversiegelung der Gemeinde als gewerbesteuereinnehmende treibende Kraft als maßgebliche Grundlage der Flächenausweisung im Regionalplan hergenommen werden, kann sich die Gemeinde bei Planungen stets auf die vom Regionalrat ausgewiesenen Flächen berufen! Denn die Regionalplanung stellt das Bindeglied zwischen den überörtlichen Entwicklungsvorstellungen der Landesplanung und der konkreten Planumsetzung auf kommunaler Ebene durch die Bauleitplanung dar.
In NRW legt der Regionalplan auf Grundlage des Landesentwicklungsplanes (LEP) die regionalen Ziele der Raumordnung fest. Diese Ziele sind von […] den Gemeinden und örtlichen Planungsträgern „bei allen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu beachten. Darüber hinaus bildet der Regionalplan die Grundlage für die erforderliche Anpassung der Bauleitpläne der Städte und Gemeinden an die Ziele der Raumordnung." (Quelle: Bezirksregierung Detmold, Ziele im Regionalplan, Abruf 03.2023)
Zusätzlich würden laut Regionalplan-Entwurf 2020 im Ziel S5 – Bereiche für gewerbliche und industrielle Nutzungen – in den dort formulierten Zielen die bisher dargestellten Gebiete als „Vorranggebiete“ ausgewiesen werden, wonach gemäß Raumordnungsgesetz (ROG) §7, 3 (1): [..] diese Gebiete für "bestimmte raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen vorgesehen sind und andere raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen in diesem Gebiet ausschließen, soweit diese mit den vorrangigen Funktionen oder Nutzungen nicht vereinbar sind (Vorranggebiete)". Frei übersetzt heißt das nichts anderes als das sich die Gemeinde bei weiteren Planungen darauf berufen kann, dass diese Gebiete im Regionalplan als Gebiete für gewerbliche und industrielle Nutzungen (GIB) festgeschrieben sind. (Quelle: Regionalplan-Entwurf 2020, Textteil (1) unter 3.4 Standorte für die Wirtschaft, Abruf 11.2022)
Konkret wird es dann wie in der Beschlussvorlage Nr. 603/2014-2020, vom 10.09.2019 (51. Änderung des Flächennutzungsplanes und 3. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 15 "In der Lage-Bruchstraße") wie folgt begründet: "Der Änderungsbereich ist im Regionalplan bereits als Bereich für gewerbliche und industrielle Nutzungen (GIB) dargestellt. [...] Zur Erteilung der Baugenehmigung sind die Bauleitpläne den Zielen der Raumordnung anzupassen und die erforderlichen Änderungsverfahren einzuleiten." (Beschlussvorlage Nr. 603/2014-2020 vom 10.09.2019, Ratsinfomanagement)
In dem PDF-Dokument "Textliche Darstellung" auf der Seite der Bezirksregierung Detmold unter „Regionalplan des Regierungsbezirks Detmold, Teilabschnitt Oberbereich Bielefeld“ findet sich unter "Herausforderungen und generelle Zielsetzungen" unter Punkt 2 der "Raum- und Siedlungsstruktur" die Erläuterung, dass sich die Standortfindung „für störende bzw. größere Flächen beanspruchende Industriebetriebe und Versorgungseinrichtungen„ aufgrund der Bebauungskonzentration großflächiger und verflochtener Siedlungsbereiche mit der Gemengelage von Industrie und Wohnen und der verbreiteten Streu- und Splitterbebauung im Freiraum erschwert.
Der nachgestellte Hinweis, dass die Freiraumfunktionen durch die Inanspruchnahme von Landschaft aufgrund gewachsener Siedlungsverflechtungen bereits jetzt stark beeinträchtigt sind, scheint im Planungsentwurf nicht wirklich berücksichtigt worden zu sein. Ebenso wenig wie der nachfolgende Satz: „Die noch vorhandenen Freiräume sind daher weitestgehend vor neuen Inanspruchnahmen zu bewahren.“ (Quelle: Bezirksregierung Detmold, Regionalplan des Regierungsbezirks Detmold, Teilabschnitt Oberbereich Bielefeld, Abruf 03.2023)
Doch am Ende des Tages scheinen nur die gefüllten Gemeindekassen ausschlaggebend für die weitere massive Inanspruchnahme von Flächen zu sein. Bodengüte, Biodiversität und Artenschutz füllen keine Kassen.
"Beteiligung der Öffentlichkeit"
„Beteiligung der Öffentlichkeit“ heißt nach Beschluss bzw. Entscheidung im Rat lediglich die gesetzlich vorgeschriebene Auslegung und die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme, die dann der Abwägung im Ausschuss/Rat unterliegt.
„Frühzeitige Bürgerbeteiligung" bedeutet gem. § 3 Abs. 1 BauGB, dass die Planentwürfe im Rathaus mindestens 30 Tage ausgelegt sein müssen. Dabei muss darauf hingewiesen werden, dass Stellungnahmen während der Auslegungsfrist abgegeben werden können. Ort und Dauer der Auslegung sowie Angaben dazu, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind, sind mindestens eine Woche vorher ortsüblich bekannt zu machen.
Interessant - sowohl Kinder als auch Jugendliche sind Teil der Öffentlichkeit im Sinne des Satzes 1. Wir sollten aber nicht annehmen, dass die Planentwürfe und die entsprechenden textlichen Anlagen auf einem für sie verständlichen Niveau formuliert sind!
Anschließend durchlaufen eingebrachte Stellungnahmen sowohl von Privatpersonen als auch von Trägern öffentlicher Belange nur noch einen Abwägungsprozess innerhalb von Ausschüssen und des Rates.
Welchen Wert haben Landschaft und Natur?
Gemäß § 11 der Hauptsatzung der Gemeinde Rödinghausen (RA31) werden öffentliche Bekanntmachungen im Amtsblatt der Gemeinde Rödinghausen – dem Wiehenkurier, als Inhalt des Du & Ich – vollzogen, sofern sie durch Rechtsvorschriften vorgeschrieben sind.
Laut § 3 der Hauptsatzung der Gemeinde Rödinghausen (RA31) hat der Rat die Einwohner „über allgemein bedeutsame Angelegenheiten der Gemeinde“ ebenfalls zu informieren. Die Art und Weise der Information, also ob es lediglich einen Hinweis in der Presse gibt oder öffentliche Aushänge, eine schriftliche Unterrichtung aller Haushalte oder ob informelle Veranstaltungen, insbesondere eine Einwohnerversammlung, abgehalten werden, darf der Rat von Fall zu Fall entscheiden.
Gemäß Absatz 2 sollte eine Einwohnerversammlung insbesondere dann stattfinden, wenn es sich um Planungen/Vorhaben der Gemeinde und strukturelle Entwicklungen handelt, die die Gemeinde „nachhaltig und unmittelbar“ beeinflussen ODER die „mit erheblichen Auswirkungen für eine Vielzahl von Einwohnern verbunden sind“. (siehe § 3 Absatz 2, RA31)
Daher hatten wir als Bürgerinitiative Rödinghausen e.V. einen Antrag auf Einwohnerversammlung gestellt, der mit der Begründung abgelehnt wurde, dass der Regionalplanentwurf keine Angelegenheit der Gemeinde sei, sondern die Verantwortung bei der Bezirksregierung als Planungsträger liege. Nur dass die Gemeinde für den Regionalplan-Entwurf die Wünsche der Gewerbetreibenden nach mehr Fläche während der „Kommunalgespräche“ eingebracht hat, um ihre Attraktivität als Wirtschaftsstandort zu bekräftigen. Natur und Umwelt, Interessen der An- und Einwohner, die Attraktivität und Beschaffenheit des Wohnumfeldes spielten dabei keinerlei Rolle! Dabei zitiert die Gemeinde gerne immer wieder ihre Zertifizierung als "familienfreundliche Gemeinde". Möglich, dass dies nur in Bezug auf die bei der Bezirksregierung geforderte Öffnungsklausel für Flächenkontingente für Wohnbauflächen gilt. (Quelle: Stellungnahme der Gemeinde Rödinghausen, Ziel S9)
Bürgerbeteiligung suggeriert "im Austausch mit" der Bevölkerung
Hol- und Bringschuld sind eigentlich Begriffe aus dem Schuldrecht, treten aber ebenso als Begriffe in der Kommunikation auf. Der Begriff Kommunikation entstammt dem Lateinischen und steht für Mitteilung, in Verbindung bzw. in Gemeinschaft treten und ist der Prozess, durch welchen Informationen von einem Sender zu einem Empfänger über ein bestimmtes Medium übermittelt werden.
Bei einer Bringschuld sollten Informationen, die für andere wichtig sind, entsprechend weitergegeben werden. Bei einer Holschuld müssen die Informationen, die für einen interessant und wichtig sind, selbst eingeholt werden.
Die Gemeinden informieren ihre Bürger gesetzeskonform, indem sie Planungen und Vorhaben "ortsüblich" bekanntgeben. In Rödinghausen geschieht dies sowohl über das Amtsblatt - Wiehenkurier als Teil des Du & Ich - als auch über entsprechende Aushänge im Bekanntmachungskasten am Rathaus (gemäß § 11 der Hauptsatzung, RA31). Damit hat die Gemeinde ihre "Bringschuld" rechtskonform eingehalten und die Bürgerinnen und Bürger sind in der Pflicht sich die für sie wichtigen und interessanten Informationen einzuholen. Haben sie Einwendungen, so können sie diese in Form von Stellungnahmen einreichen, die fristgemäß abgegeben werden müssen. Wie in vielen Beschlussvorlagen nachlesbar, ist dies aber nur in äußerst geringem Umfang der Fall und wird entsprechend dokumentiert: "Im Rahmen der Offenlegung sind keine Stellungnahmen eingegangen." Somit hat die Gemeinde ihrer gesetzlichen Informationspflicht genügen getan und die Bürgerinnen und Bürger sind selbst "Schuld", wenn sie sich nicht einbringen.
Außer Frage steht aber, dass die Gemeinde zur Information ihrer Bevölkerung darüberhinaus aber mehr machen könnte, insbesondere dann, wenn Bürgerinnen und Bürger signalisieren, dass sie sich nur unzureichend informiert fühlt!
Hier gelangen Sie ganz einfach zur eigenen Recherche ins Ratsinfomanagement der Gemeinde Rödinghausen
Biodiversität hat keine Stimme & zahlt keine Steuern
Sind die Natur und ihre darin vorkommenden Lebewesen weniger wert? Oder warum werden sie nicht höher gewichtet?
Alle Rechte vorbehalten | Fotos P. Weitzel-Häger
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In unserer Satzung finden Sie alles
rund um die Organisation der Bürgerinitiative Rödinghausen e.V.
Eines unserer erklärten Ziele ist die Verhinderung der Umsetzung des Regionalplanentwurfs OWL 2020 mit
einhergehenden Änderungen der Flächennutzungspläne für den Bereich Rödinghausen.
Die Beitragsordnung regelt die finanzielle Beteiligung der Mitglieder zur Erreichung unser gemeinsamen Ziele.
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